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Archiv-Artikel

„Der ganze alte Mist“

Ottmar Walter, einer der Helden von Bern, erinnert sich an Ferenc Puskás, den wohl besten Fußballspieler seiner Zeit und doch die tragische Figur der WM 1954 und des ungarischen Fußballs

INTERVIEW THOMAS WINKLER

taz: Herr Walter, wer war der bessere Fußballer, Ferenc Puskás oder Ihr Bruder Fritz?

Ottmar Walter: Für mich persönlich war mein Bruder vielleicht der Bessere. Aber die beiden konnten sich die Hand geben, da war einer so gut wie der andere, die sind auf einer Ebene.

Was hat den Fußballspieler Puskás ausgezeichnet?

Die Beidfüßigkeit, das Direktspiel. Die Fähigkeit, plötzlich überraschend irgendwo auf dem Platz aufzutauchen. Und er hatte das Heft vollkommen in der Hand. Außerdem hatte er unheimlich viel Humor auf dem Kasten. Wenn man zusammengesessen hat, hat der Witze losgelassen. Wir haben nur noch gelacht.

Sie hatten also zuletzt noch Kontakt?

Nicht wirklich. Ich habe natürlich immer mit Interesse gelesen, was über ihn in der Zeitung stand. Aber das letzte Mal gesehen habe ich ihn vor fünf oder sechs Jahren. Da hat der ungarische Fußballverband mich und meine Frau nach Budapest eingeladen. Und in seiner Rede abends beim Bankett hat Puskás wieder mal betont, dass wir damals in Bern kein Glück gehabt haben, sondern dass an diesem Tag die deutsche Mannschaft die bessere war.

Der 3:2-Sieg im WM-Endspiel 1954 war verdient?

Sicher, die erste Halbzeit … Aber in der zweiten hatten wir die Ungarn im Sack. Wir hatten die bessere Kondition, und auch die Ungarn haben immer gesagt, dass wir an dem Tag besser waren.

Haben Ihnen die Verlierer trotzdem leidgetan?

Das stimmt, das war tragisch. Wir haben uns schon darüber Gedanken gemacht, was in einer Mannschaft vorgeht, die viereinhalb Jahre ungeschlagen war und dann ausgerechnet das WM-Endspiel verliert. Das muss einen schon hart packen. Aber das haben die Ungarn nie zum Ausdruck gebracht. Und wenn wir zusammengesessen haben, wurde erst gar nicht damit angefangen. Das hätte den ganzen alten Mist nur wieder aufgewirbelt.

Meinen Sie solche Geschichten wie das Gerücht, dass Werner Liebrich im Vorrundenspiel gegen Ungarn Puskás absichtlich böse gefoult habe und er deshalb im Finale noch angeschlagen war?

Davon weiß ich nichts. Das muss ich total verneinen, dass es da etwas gegeben hätte. Und ich hatte auch nicht das Gefühl, dass Puskás im Endspiel eingeschränkt gewesen wäre. Gegen uns hat der freiweg aufgespielt.